Jennifer Dürst10.06.2020

Neuerungen im Familienrecht - Gültigkeit von sogenannten Prenups in der Schweiz

Den Ehegatten steht es frei, die Nebenfolgen ihrer Scheidung im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidungsvereinbarung (sog. Scheidungskonvention) zu regeln. Eine Scheidungskonvention wird als Folge von aussergerichtlichen Gesprächen, in einem Mediationsverfahren oder im Rahmen von gerichtlichen Vergleichsverhandlungen abgeschlossen.

Gerichtliche Genehmigung von Scheidungskonventionen
Liegt eine Scheidungskonvention vor, muss diese – von Gesetzes wegen – zwingend vom Gericht genehmigt werden. Mittels Genehmigung wird sie Teil des Scheidungsurteils. Das Gericht genehmigt die Scheidungskonvention, wenn es davon überzeugt ist, dass die Ehegatten sie aus freiem Willen und nach reiflicher Überlegung geschlossen haben, sie klar, vollständig und nicht offensichtlich unangemessen ist.

«Prenuptial Agreements» (Prenups)
In verschiedenen ausländischen Rechtsordnungen, insbesondere im angelsächsischen Raum, sind sog. «Prenuptial Agreements» (Prenups) verbreitet. Ein Prenup ist ein schriftlicher Vertrag zwischen (zukünftigen) Ehegatten, mit welchem die Vermögensverteilung der Ehegatten und allfällige nach der Scheidung zu bezahlende Unterhaltsbeiträge oder entsprechende Verzichte vorab geregelt werden können.

Gültigkeit von Prenups in der Schweiz
Kürzlich entschied das Bundesgericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens eines kinderlosen Ehepaares, dass sog. «Voraus-Scheidungsvereinbarungen» oder «Prenups» rechtlich zulässig sind, unabhängig davon, wie lange sie vor dem Scheidungsverfahren abgeschlossen worden sind (BGE 5A_778/2018). Im erwähnten Fall regelten die Ehegatten vorab den nachehelichen Unterhalt in einem Ehevertrag. Das Bundesgericht anerkannte, dass es sich bei der Vorabregelung um einen Vertrag handelt, der die Parteien bindet. Eine Genehmigung durch das Scheidungsgericht ist allerdings nach wie vor zwingend erforderlich. Die Genehmigung des Gerichts hat gemäss Bundesgericht zu erfolgen, sofern die Regelung der Scheidungsnebenfolgen nicht offensichtlich unangemessen ist. Eine Genehmigung ist auch dann möglich, wenn eine Partei die Nichtgenehmigung beantragt. Mögliche Einwände gegen die Genehmigung eines Prenups sind beispielsweise die Geltendmachung von Übervorteilung, Inhalts- und Willensmängeln oder der Einwand der übermässigen Bindung infolge stark veränderten Verhältnissen zwischen Abschluss und Genehmigung durch das Gericht.

Vorabregelung von Scheidungsnebenfolgen mit Kinderbelange?
Im erwähnten Entscheid waren nur Scheidungsnebenfolgen der Ehegatten, die keine Kinder hatten, Thema, nicht jedoch die Vorausregelung von Scheidungsnebenfolgen über Kinderbelange. Prenups über Kindesnebenfolgen sollten – gestützt auf die neue bundesgerichtliche Rechtsprechung – wohl ebenfalls zulässig sein. Jedoch ist aufgrund der Geltung der strengen Untersuchungs- und Offizialmaxime in Kinderbelangen davon auszugehen, dass die Gerichte die Angemessenheitsprüfung eines Prenups mit Kinderbelangen vertiefter und umfassender vornehmen werden, als bei einer Vorausregelung von Scheidungsnebenfolgen der Ehegatten.