Michael Hamm / Michael Lüdi30.08.2018

Neues aus dem Erbrecht - Rechtsprechungsübersicht 1/2018

Das "stillschweigende" mündliche Testament (BGE 143 III 649)
Für den eiligen Leser: Nachlassplanende können, wollen sie ihren Nachlass regeln, entweder mit (allen) Beteiligen einen Erbvertrag abschliessen, oder einseitig letztwillig verfügen. Eine letztwillige Verfügung (Testament) hat entweder eigenhändig zu erfolgen (Art. 505 ZGB) oder durch öffentliche Beurkundung (bei einem Notar).

Ausnahmsweise kann die Errichtung eines Testaments auch mündlich erfolgen (Art. 506 ZGB). Dies u.a. dann, wenn nahe Todesgefahr droht (und keine Möglichkeit mehr besteht, ein schriftliches Testament zu errichten). Das Bundesgericht hat nun entschieden, dass das mündliche Testament auch «stillschweigend» durch «Zeichen/Kopfnicken» errichtet werden kann.

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Der "Widerruf des Widerrufs vom Widerruf" - Vorsicht bei mehreren Testamenten (BGer 5A_412/2017)
Für den eiligen Leser: Nicht selten kommt es vor, dass ein Erblasser nicht nur ein Testament, sondern mehrere Testamente errichtet, welche sich ergänzen aber auch widersprechen können. Werden nach dem Versterben einer Person mehrere Testamente (oder auch Erbverträge) vorgefunden, müssen diese alle der zuständigen Erbschaftsbehörde eingereicht werden. Die Erbschaftsbehörde hat alsdann die Pflicht, diese Testamente zu eröffnen und den beteiligten Personen in Kopie zukommen zu lassen. Dies kann bei ursprünglich begünstigten Personen, welche dann in einem späteren Testament wieder «enterbt» wurden, Begehrlichkeiten hervorrufen, welche in jahrelangen Erbstreitigkeiten münden können.

Daher ist eine sorgfältige Nachlassplanung von grosser Wichtigkeit. Dazu gehört auch, dass wenn testiert wird, allenfalls bereits vorhandene Testamente widerrufen (und am besten vernichtet) werden.

Beim Widerruf von Testamenten ist Vorsicht geboten, insbesondere dann, wenn der Widerruf nicht durch Vernichtung erfolgt: Wird ein Widerruf widerrufen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im Einzelfall auszulegen, ob das ursprüngliche Testament wieder auflebt oder ob der Widerruf des Widerrufs nicht dazu führt, dass das ursprüngliche Testament nach wie vor widerrufen bleibt.

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Das Willensvollsreckerhonorar und das Quotenvermächtnis (BGer 5A_363/2017)
Für den eiligen Leser: Erbengemeinschaften können grundsätzlich nur einstimmig handeln. Dies kann, wenn die Erben sich nicht einig sind dazu führen, dass der Nachlass auch beim Vorhandensein eines Willensvollstreckers über eine sehr lange Zeit nicht geteilt werden kann; oder für eine Teilung gar ein Gerichtsurteil notwendig wird. Um dem entgegenzuwirken, bietet das Gesetz die Möglichkeit, einzelnen Personen (auch den eigenen Nachkommen) Vermächtnisse auszurichten. Dies anstelle der Einsetzung als Erben. Im Gegensatz zum Erben kommt einem Vermächtnisnehmer nämlich keine Erbenstellung zu, er hat bloss einen obligatorischen Anspruch gegen den mit dem Vermächtnis belasteten Erben. Dies kann die Erbteilung massiv erleichtern, da der Vermächtnisnehmer nicht Mitglied der Erbengemeinschaft ist und somit bei deren Beschlüssen nicht mitwirken kann.

Weiss der Erblasser nicht, wie hoch sein dereinstiger Nachlass sein wird (insbesondere, weil bspw. die noch zu erwartenden Pflegekosten schwer abzuschätzen sind), kann er Quotenvermächtnisse ausrichten. Ein Quotenvermächtnisnehmer hat einen Anspruch auf eine bestimmte Quote des (Netto)-Nachlasses; bspw. auf 1/3, 10% oder die Höhe des Pflichtteils. Für die Berechnung des Nettonachlasses sind u.a. - nebst den Erbgangs- und Erblasserschulden - auch die Willensvollstreckungskosten (Honorar des Willensvollstreckers) abzuziehen.

Das Bundesgericht hat nun im Zusammenhang mit der Honorarrechnung des Willensvollstreckers entschieden, dass wenn ein Quotenvermächtnisnehmer mit dieser nicht einverstanden sei, er keine Verantwortlichkeitsbeschwerde gegen den Willensvollstrecker anstrengen könne (grundsätzlich im Gegensatz zu den Erben).

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