Severine Vogel20.12.2018

Neuerungen im Steuerrecht

Am 28. September 2018 verabschiedete das Parlament das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), ehemals Steuervorlage 17. Im Vorfeld hatten der National- und Ständerat ihre Differenzen ausgeräumt und eine endgültige Einigung erzielt.

Die wichtigsten Massnahmen können wie folgt zusammengefasst werden:

Abschaffung von Steuerprivilegien:
Die kantonalen Steuerregimes Holdinggesellschaft, gemischte Gesellschaft und Domizilgesellschaft werden abgeschafft. Auf Bundesebene werden überdies die Sonderbehandlungen von Prinzipal-Gesellschaften und Finance Branches nicht mehr zugelassen. Mittels einer zeitlich befristeten Sondersatzlösung sollen die Kantone Überbesteuerungen beim Wechsel zur ordentlichen Besteuerung vermeiden.

Einführung einer Patentbox:
Die Kantone werden verpflichtet, auf kantonaler Ebene eine Patentbox einzuführen. Mit dieser Patentbox wird der Reingewinn, welcher auf Patente und vergleichbare Rechte entfällt, im Verhältnis des qualifizierenden Forschungs- und Entwicklungsaufwands zum gesamten Forschungs- und Entwicklungsaufwand pro Patent oder vergleichbaren Rechts mit einer Ermässigung von maximal 90% besteuert. Diese Massnahme gilt nur für die Kantons- und Gemeindesteuern.

Abzüge für Forschung & Entwicklung:
Der Aufwand für Forschung & Entwicklung im Inland darf bis zu 150% der eigentlichen Kosten betragen. Die Umsetzung dieser Massnahme ist für die Kantone freiwillig und gilt nicht für die direkte Bundessteuer.

Zinsabzug (Notional Interest Deduction, NID):
Hochsteuerkantone können den Abzug eines fiktiven Zinses auf überschüssigem Eigenkapital zulassen und damit die Gewinnsteuer senken. Als Hochsteuerkanton gelten Kantone mit einem Steuersatz (auf Stufe Kanton und Gemeinde) von mindestens 13.5%. Voraussichtlich wird lediglich der Kanton Zürich von dieser Regelung profitieren können.

Entlastungsbegrenzung:
Die gesamte Entlastung durch Zinsabzug, Patentbox und Forschungsabzüge darf maximal 70% betragen. Mit anderen Worten mindestens 30% des steuerbaren Gewinns soll versteuert werden. Von dieser Begrenzung werden auch die Abschreibungen auf den aufgedeckten stillen Reserven sowie dem selbstgeschaffenen Mehrwert (Goodwill) aufgrund einer früheren Besteuerung als Statusgesellschaft erfasst. Für die Kantone ist diese Massnahme obligatorisch. Sie gilt jedoch nicht bei der direkten Bundessteuer.

Anpassungen bei der Kapitalsteuer:
Die Kantone können eine Ermässigung bei der Berechnung der Kapitalsteuer für Eigenkapital vorsehen, welches auf Beteiligungen, Patente und vergleichbare Rechte sowie konzerninterne Aktivdarlehen entfällt.

Aufdeckung stiller Reserven bei Zuzug:
Unternehmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen, können stille Reserven und selbst geschaffenen Mehrwert (Goodwill) steuerneutral aufdecken und anschliessend von zusätzlichen Abschreibungen profitieren. Diese Massnahme betrifft sowohl die direkte Bundessteuer als auch die Kantone.

Einschränkung des Kapitaleinlageprinzips:
Börsenkotierte Unternehmen dürfen – vorbehalten bleiben einige wenige Ausnahmen – Kapitaleinlagereserven nur dann steuerfrei auszahlen, wenn sie in gleicher Höhe steuerbare Dividenden ausschütten.

Teilbesteuerung von Dividenden:
Die Teilbesteuerung der Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen (mind. 10% des Kapitals) ist auf Bundesebene zu mindestens 70% (bisher 60% bei Privatvermögen und 50% bei Geschäftsvermögen) und auf Kantons- und Gemeindeebene zu mindestens 50% (bisher keine Mindestbesteuerungsregelung) zu besteuern.

Transponierung:
Privatpersonen, welche eine Beteiligung an eine selbstbeherrschte Gesellschaft verkaufen, sollen inskünftig den Gewinn immer versteuern müssen. Nach geltendem Recht ist der Verkauf von Beteiligungen unter 5% steuerfrei.

Vertikaler Ausgleich:
Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird von 17% auf 21.2% erhöht, um den Kantonen einen grösseren Spielraum zur Senkung der Gewinnsteuersätze zu verschaffen. Bei der Verteilung müssen die Kantone die Städte und Gemeinden angemessen abgelten.

Finanzierung der AHV:
Die als Folge der Steuerreform erwarteten Steuermindereinnahmen sollen über eine zusätzliche Finanzierung der AHV kompensiert werden.

Anpassung Finanzausgleich:
Der Finanzausgleich zwischen den Kantonen soll angepasst werden.

Steueranrechnung (Motion Pelli):
Um eine internationale Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollen schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten mit einer pauschalen Steueranrechnung geltend machen können.

Mit den oben beschriebenen international akzeptierten Massnahmen soll die Attraktivität des Steuerstandorts Schweiz erhalten bleiben. Die meisten Kantone planen überdies erhebliche allgemeine Steuersenkungen, um ihre bisherige steuerliche Attraktivität beizubehalten. So wird die Mehrheit der Kantone nach Umsetzung der Steuerreform Gewinnsteuersätze (auf dem Gewinn vor Steuern) zwischen 12-18% (inklusive direkte Bundessteuer) aufweisen.

Ein Referendum gegen das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) wurde angekündigt und gilt als wahrscheinlich. Wird kein Referendum ergriffen, so könnten erste Massnahmen voraussichtlich per 18. Januar 2019 in Kraft treten. Der Hauptteil der Reform würde voraussichtlich per 1.1.2020 in Kraft treten.

In Anbetracht der zeitlichen Dringlichkeit wurde der Termin für eine mögliche Volksabstimmung im Falle des Ergreifens eines Referendums bereits angesetzt. Diese wird am 19. Mai 2019 stattfinden. Bei einer Annahme des STAF ist eine schnelle Umsetzung geplant. Die Zeit drängt. Die Europäische Union hat der Schweiz eine Frist bis Ende 2018 angesetzt, um die international in Kritik geratenen Steuerprivilegien abzuschaffen. Bereits im März 2019 beraten die EU-Finanzminister über Anpassungen ihrer schwarzen Liste.